Obdachlosenkrippe

Unüberwindbare Brücken?

Als Mahnung an unser Konsumverhalten kann man die von Franz Kisters im Jahr 2017 gestaltete „Obdach­losenkrippe“ verstehen: Die Szene an der Wittelsbacher Brücke in München führt uns das Auseinanderdriften von Arm und Reich plastisch vor Augen: Während man oben auf der Brücke dem Konsum frönt, ­finden unter derselben die von der Gesellschaft vergessenen Obdachlosen nur einen not­dürftigen Unterschlupf, aber mitten unter ihnen ist das Christkind – statt in einer Krippe in einem alten Einkaufswagen.

Wie aktuell das Thema ist, zeigt die Räumung der Obdachlosenlager unter der Wittelsbacher- und Reichenbachbrücke im November 2018.

Die Obdach­losenkrippe kann noch bis 6. Januar 2020 im CSU Bürger- und Abgeordnetenbüro besichtigt werden.

Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis
und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war;
sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht,
damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden,
aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden,
allen, die an seinen Namen glauben,
die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches,
nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit gesehen,
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
(Prolog des Johannes-Evangeliums)

Die Weihnachtsbotschaft des Johannes-Evangeliums kommt so ganz anders daher als die uns so vertraute Geburtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium: keine Hirten, kein Verkündigungsengel, kein Gesang der himmlischen Scharen, kein Ochs, kein Esel, ...

Und doch ist die Botschaft keine andere !!

Gott macht sich auf den Weg in die Welt, so wie sie ist  -  damals und heute. Er sucht sich nicht eine Idylle aus in Harmonie und Frieden, sondern begibt sich in die harte Realität des Lebens: 

„Das Licht leuchtet in der Finsternis – aber die Finsternis hat es nicht erfasst“

In dieser Zusage steckt eine doppelte Aussage: 

  • In unserem geschäftigen oder auch bedrückten Alltag sind wir oft blind, „betriebs-blind“ für unerwartete Wahrnehmungen, die vielleicht sogar Wand an Wand neben uns liegen.
  • Martin Buber übersetzt: „. . . aber die Finsternis hat es nicht überwältigt“:
    Die Welt, so wie sie ist, hat das göttliche Licht nicht auslöschen können, hat sich seiner nicht bemächtigt, ist ihm nicht Herr geworden.

Es leuchtet immer noch an allen Orten der Welt, weil Gott sich nicht eine bestimmte Welt aussucht, in die er kommen will.

Er will unsere Welt berühren wie sie ist, und für alle ein Licht sein, das uns erzählt von einer Fülle des Lebens, die wir selber nicht herstellen können.

Text: Pfarrer Josef Riedl, St. Sebastian, Ebersberg